Ben Salomo gehört zu den erfolgreichsten und zugleich außergewöhnlichsten Rappern Deutschlands. Denn der in Israel geborene Musiker ist bekennender Jude und verarbeitet seine jüdische Identität offensiv in seinen Texten – eine Ausnahme in der deutschen Hip-Hop-Szene, die immer wieder durch gewaltverherrlichende, homophobe und frauenverachtende Aussagen auffällt und zuletzt bei der Verleihung des Echo 2018 für einen handfesten Skandal sorgte. Mit seinem klaren Bekenntnis zum Judentum tritt Ben Salomo nicht nur antisemitischen Tendenzen im Deutschrap entgegen, sondern macht auch auf den wachsenden Antisemitismus in der Gesellschaft aufmerksam.
In seinem mit Spannung erwarteten Buch spricht Ben Salomo über sein Leben als Jude in Deutschland. Aufgewachsen in den Hinterhöfen Schönebergs, wurde er bereits als Jugendlicher wegen seiner Wurzeln diskriminiert. Aber auch aus der Deutschrap-Szene schlägt ihm immer wieder Feindseligkeit entgegen, die bis hin zu persönlichen Bedrohungen reicht. Um sich von den gewaltverherrlichenden und antisemitischen Aussagen seiner Musikerkollegen zu distanzieren, gab er im Mai 2018 seine erfolgreiche Konzertreihe »Rap am Mittwoch« auf, mit der er monatlich bis zu zwei Millionen Views auf Youtube erreichte. Den Deutschrap hält er mittlerweile für eine gefährliche Musikrichtung, dessen Einfluss vollkommen unterschätzt wird. In seinem Buch ruft er zur Mäßigung auf und verweist auf seinen Künstlernamen: Denn Ben Salomo bedeutet »Sohn des Friedens«.
• Einer der bekanntesten Deutschrapper spricht über seine jüdische Identität und Antisemitismus in Deutschland
• Ben Salomo gehört mit 112 Millionen Views auf Youtube zu den Stars der Deutschrap-Szene
• Intensive Pressearbeit und große Social-Media-Kampagne
»Schon als Jugendlicher wuchs ich mit Antisemitismus auf. Ich stand aber immer zu meiner Herkunft als Israeli, denn ich wollte nicht kuschen.« Ben Salomo
»Antisemitismus ist im Deutschrap inzwischen alltäglich geworden. Jeder nimmt das irgendwie hin, keiner tut etwas dagegen.«
Ben Salomo im Gespräch
Sie haben im Frühjahr 2018 Ihr sehr erfolgreiches Battle-Rap-Format »Rap am Mittwoch« aufgegeben, obwohl es Kult Status in der Deutschrap-Szene hat. Was hat Sie zu diesem Schritt bewogen?
Ich bin Jude, und als solcher konnte ich all die antisemitischen Angriffe aus der Szene, die ich seit Jahren zu hören bekomme, nicht mehr ertragen. Antisemitismus ist im Deutschrap inzwischen alltäglich geworden. Jeder nimmt das irgendwie hin, keiner tut etwas dagegen. Dass ich bekennender Jude bin und das auch in meinen Texten verarbeite, hat manche Antisemiten so in Rage gebracht, dass ich sogar bedroht wurde.
Aus welcher Ecke kommen solche Angriffe?
Sie kommen sowohl aus der Mitte der deutschstämmigen Gesellschaft als auch von Leuten mit Migrationshintergrund. Ich finde beides gleich schlimm. Aber wenn es um Migranten geht, wird in der Szene immer rumgedruckst, man will das nicht offen aussprechen. Das ist aber dringend nötig.
Wie äußert sich der Antisemitismus?
Einmal natürlich in den Texten der Rapper, die nicht selten knallhart antisemitisch sind, aber gerne als »Israel-Kritik« daherkommen. Aber auch sonst. Wenn beispielsweise ein Migrant Erfolg hat, sagen alle: »Oh, wie toll, der hat es geschafft und verdient Geld mit seiner Musik.« Wenn ich Geld verdiene, heißt es: »Sieh an, der Jude weiß wieder mal, wie er zu seiner Kohle kommt.« Und manche Teilnehmer bei Rap am Mittwoch haben dann auch schnell mal ein erhöhtes Preisgeld verlangt – eine Art Judensteuer.
Deutschrap gehört zu den erfolgreichsten Musikstilen überhaupt, Millionen junger Menschen stehen darauf. Wie bewerten Sie den Einfluss der Texte?
Dieser Einfluss ist ungemein groß und wird vor allem völlig unterschätzt. Es geht ja nicht nur um Juden, sondern auch um Frauenfeindlichkeit, Verherrlichung von Gewalt und Kriminalität oder Schwulenhass. Millionen junge Leute hören diese Texte und werden dadurch beeinflusst. Diese Musik ist wegen ihrer großen Breitenwirkung ungleich gefährlicher als rechtsextreme Rockmusik.
Sind Sie außerhalb der Musikszene auch mit Antisemitismus konfrontiert worden?
Oh ja – und zwar seit Jahrzehnten. Ich bin aufgewachsen in den Hinterhöfen von Berlin-Schöneberg mit einem hohen Migranten Anteil. Wenn dort andere Jugendliche erfahren haben, dass ich Jude bin, war die Freundschaft oft sofort beendet.
Ein Beispiel?
Als 15-Jähriger war ich auf einer Party. Drei türkische Jungs fragten mich, ob ich die jüdische Nationalhymne kenne. Als ich antwortete, es gäbe nur eine israelische, keine jüdische, holte einer sein Feuerzeug aus der Tasche, machte es an, hielt es mir vor das Gesicht und sagte: »Das ist die jüdische Nationalhymne.« Das war ein eindeutiger Hinweis auf den Holocaust. Ich war völlig schockiert. Die drei Jungs haben mich daraufhin ausgelacht und mir gezeigt, dass ich nicht länger willkommen bin.