Federica de Cesco

Die neunte Sonne

Roman

384 Seiten
gebunden mit Schutzumschlag
13,7 x 21,7 cm

17.09.2015


19,99 € (D) / 20,60 € (A) inkl. MwSt.
ISBN 978-3-95890-009-7, WG 1113

Zwischen Würde und Gewalt – eine deutsche Geschichte

»Mir kommt es hoch. Es ist schlimm, die unverdaute Vergangenheit nicht erbrechen zu können. Heute werde ich den Gedanken nicht los, dass wir alle durch die Hölle müssen, um uns selbst zu erkennen.« Alexander von Gersdorff, der Protagonist im bildgewaltigen neuen Roman der Schweizer Bestsellerautorin, findet erst in Japan einen Weg, sich seiner Schuld und den Erfahrungen des Ersten Weltkrieges zu stellen. Meisterhaft und berührend schildert das Buch die Kraft der Musik und den nie endenden Wunsch des Menschen nach Freiheit.

1914. Als Student meldet sich Alexander von Gersdorff bei Kriegsausbruch freiwillig, das Schicksal verschlägt ihn mit seinem Regiment nach China. Das Töten und die Gewalt bringen Alexander an den Rand des Wahnsinns. Erst die Begegnung mit dem Nachkommen eines Samurai in dem japanischen Gefangenenlager Bando, das große Berühmtheit wegen seiner relativ humanen und liberalen Gefangenenbehandlung erlangte, und die Aufführung von Beethovens Neunter Sinfonie hinter Stacheldraht geben seinem Leben eine neue Wendung. Mitreißend und einfühlsam schildert Federica de Cesco den Weg aus Schuld und Verstrickung hin zu einem mündigen Dasein.  

 

Interview mit der Autorin:


Eine deutsche Biografie aus fernöstlicher Sicht, in der es um Freiheit und die Würde des Menschen geht: Die neunte Sonne spielt vor dem Hintergrund der Katastrophe des Ersten Weltkrieges. Ist Ihr neues Buch auch eine Rückschau auf deutsche Geschichte?
Die Familie meines Protagonisten Alexander von Gersdorff ist tief zerrüttet und zugleich sehr standesbewusst, legt Wert auf Prestige, Distinktion und einen guten Ruf. Nichts Negatives darf nach außen dringen. Das Militär wird verherrlicht. Die Erziehung der Kinder ist streng, ihre Persönlichkeit wird frühzeitig unterdrückt. In dem Buch hält Alexander Rückschau auf sein Leben. Er erlebt die Verlogenheit der Gesellschaft, lehnt sich dagegen auf und bezahlt einen hohen Preis.  
 
Im Mittelpunkt Ihrer großen Bestseller standen bislang immer starke Frauen. Warum haben Sie diesmal einen männlichen Protagonisten gewählt?
In meinen früheren Büchern spielten Männer ja immer eine wesentliche Rolle. Aber die Geschichten wurden zumeist aus weiblicher Sicht erzählt. Die Männer in meinen Büchern sind stets »emanzipiert«. Ich will damit sagen, dass sie in erster Linie »menschlich« und dann erst »männlich« denken. Sogar Alexander, der mit allen Wassern gewaschen ist, zynisch und brutal sein kann, ist – im Grunde – ein gutherziger und sensibler Mensch. Sein Leben steht im Zeichen einer Suche. Alexanders Ziel ist durch das Schicksal vorherbestimmt, auch wenn der Weg durch Krisen und Zweifel und existenzgefährdende Prüfungen führt, in denen er sich bewähren muss. Gerade durch die Verbindung mit Frauen (seine Jugendliebe Darina, die rebellierende jüngere Schwester Amanda und seine japanische Ehefrau Yae) erreicht er eine höhere Stufe des Bewusstseins.  
 
Was hat es mit der Aufführung von Beethovens Neunter Sinfonie in dem japanischen Kriegsgefangenenlager Bando auf sich?
Das Lager Bando wurde von Toyohisa Matsue gegründet, der Nachkomme eines ruhmreichen Samurai-Geschlechtes, der zu den fortschrittlichsten Humanisten seiner Zeit gehörte. Die Japaner erinnern sich, dass die Sinfonie zum ersten Mal in ihrem Land am 1. Juni 1918 in diesem Kriegsgefangenenlager aufgeführt wurde. Mir fiel auf, dass dies in Europa nur wenige wissen. In Japan wird die Neunte sehr verehrt. Sie ist eine wunderbare, einzigartige und nahezu provozierende Utopie, die auch in unserer Zeit nichts von ihrer Geltung verloren hat. Alle Menschen spüren das und sind ergriffen.  
 
Werden Sie jemals aufhören zu schreiben?
Bei meinem letzten Atemzug werde ich mir sagen: Ach, wie dumm, ich sollte das Kapitel ja noch zu Ende schreiben!