Peter Mathews

Harro Harring

Rebell der Freiheit

448 Seiten gebunden mit Schutzumschlag 13,7 × 21,7 cm August 2017


22,90 € (D) / 23,60 € (A) inkl. MwSt.
ISBN 978-3-95890-067-7

Der vergessene Rebell: Die erste Biografie über den Freiheitskämpfer, Dichter und Maler Harro Harring

Harro Harring ist der tragische Held der politischen Romantik – der »Dichter Unbekannt« des 19. Jahrhunderts, eine Wiederentdeckung ersten Ranges. 1798 als Sohn eines Deichgrafen bei Husum geboren, zog Harring in die Welt, um das Malen zu lernen. 1821 ging er nach Griechenland, um für die Freiheit Griechenlands gegen die Türken zu kämpfen, und verfasste nach dem Warschauer Aufstand 1830 einen entlarvenden Bericht über Polen unter russischer Herrschaft, der unmittelbar ein Bestseller, aber auch sofort verboten wurde und in Deutschland eine Polenbegeisterung auslöste. 1832 wurden seine Lieder auf dem Hambacher Schloss gesungen. Harring gehörte zum Kreis des Geheimbundes des »Jungen Europa«, das 1834 unter der Leitung von Giuseppe Mazzini ein vereintes Europa ohne Grenzen forderte, und wurde von Metternichs Agenten verfolgt. Er floh nach England, Helgoland und Brasilien, traf in New York Edgar Allen Poe und Margaret Fuller und versuchte 1848 vergeblich, die Friesen zum Kampf für die Freiheit zu rufen. Über zwanzig Mal wurde der Lyriker und Romancier für seine Aktivitäten verhaftet, er war als vogelwilder Rebell berühmt und scheiterte wie die Revolution selbst. Harring war ein Wegweiser in eine neue Zeit und starb doch vergessen und verarmt 1870 durch eigene Hand. In Peter Mathews, fesselnder Biografie verdichtet sich seine Lebensgeschichte zur Meistererzählung des stürmischen deutschen Vormärz.  
  • Die erste und einzige Biografie über Harro Harring
  • Bereits 150 Jahre vor Gründung der EU kämpfte er für ein vereinigtes Europa
  »Ein klassischer Schriftsteller des Vaterlands.« Heinrich Heine »Der beste Mann der Welt und der quälendste Dummkopf dieser Zeit.« Giuseppe Mazzini »Der irrende Ritter der Freiheit.« Karl Marx

»Harro Harring ist so etwas wie der Schmerzensmann des Vormärz.« Peter Mathews im Gespräch

Wir kennen Sie als Autor von spannenden Büchern, warum jetzt eine Biografie über eine historische Figur, deren Name noch wenigen geläufig ist?
Als ich vor fast 20 Jahren das erste Mal etwas von Harro Harring hörte, war es so, als hätte er mich gefunden: »Ich bin ein Rebell, hol mich hier raus«, forderte er von mir. Da war plötzlich eine Figur, die keinen formenden Autor, sondern einen Chronisten suchte. Und was ich dann über ihn herausfand, überstieg meine Fantasie, immer wieder dachte ich, das kann alles gar nicht wahr sein.
 
Wer war dieser Harro Harring?
Er war ein Kind seiner Herkunft und seiner Zeit. Im selben Jahr wie Heinrich Heine, 1798, an Goethes Geburtstag hinter dem Deich in der Nähe von Husum geboren, war der Tod seine erste große Erfahrung, der Tod der Brüder, des Vaters. Dass er selbst überlebt hat, verdankte er seiner Fantasie und seiner Liebe zur Kunst. Er war im Vormärz überall dabei und der Prototyp des romantischen Helden, der sich nach Freiheit sehnte, sie faktisch zu seiner Religion machte, aber innerlich nie frei wurde. Eine tragische Figur.
 
Warum?
Er war ein Glücksverweigerer. Ein Beispiel: Um einer Geliebten zu gefallen, strebte er nicht etwa in ihre Arme. Stattdessen ging er 1828 nach Warschau und wurde dort sofort vom despotischen Herrscher Konstantin in dessen Armee gepresst. Kurz bevor der erste Warschauer Aufstand ausbrach, konnte er fliehen und schrieb als Erster einen großen Bericht über die Zustände in Polen. In Deutschland entstand daraufhin so etwas wie eine Polen-Euphorie. »Für eure und unsere Freiheit« lautete die Parole, und Harring war über Nacht ein Bestsellerautor. Aber seine Geliebte hatte sich längst von ihm abgewendet, und die Zensur verbot das Buch sofort. Von da an war er in Europa eine persona non grata. Überall, wo er auftauchte, wurde er verhaftet und ausgewiesen, der Bundestag verbot seine Schriften. Und als Harring 1832 in Hambach war, unter falschem Namen natürlich, sang man seine Lieder und feierte ihn, aber er kam nicht zu Wort, weil er aus Friesland kam, und man fürchtete, er würde zur Revolution aufrufen. Es wurde bis 1989 ja immer beklagt, dass die Deutschen keine Revolution machen können. Am Beispiel Harring kann man ablesen, was mit freiheitsliebenden Menschen passiert, wenn man sie ständig verfolgt, verfemt und ausgrenzt – die Gesellschaft wird kleingeistig, mutlos und letztlich verrückt.
 
Sie sagen, die Biografie Harrings sei so etwas wie die Meistererzählung der politischen Romantik und des Vormärz. Was meinen Sie damit?
Ich meine nicht meisterhaft erzählt, sondern die schicksalhafte Bündelung historischer Ereignisse in seiner Person. Pars pro toto. Die Verfolgung und Unterdrückung durch Metternichs Geheimpolizei, der unbedingte Wille, die Zukunft zu gestalten, und die gesellschaftliche Vision eines vereinten Europa. Und letztlich Harrings persönliches Scheitern und das der 48er-Revolution. Harring ist so etwas wie der Schmerzensmann des Vormärz.
 
Und warum sollen wir uns heute damit beschäftigen?
Weil all die Kämpfe, die unser Held geführt hat, heute überall wieder aufbrechen: Fundamentalismus, Verfolgung, Nationalismus, Begrenzung der Meinungsfreiheit, Grenzschließungen und Abschottung. Harring und sein Freund, der Anwalt Giuseppe Mazzini aus Genua, verfolgten bereits 1834 die Idee eines vereinten Europas ohne Grenzen und Fürsten. Am 15. April 1834 wurde in Bern von Polen, Italienern, Deutschen der Geheimbund »Das Junge Europa« gegründet. Eigentlich die Geburtsstunde des modernen Europas. Sie wird aber in keinem Geschichtsbuch erwähnt. Für Metternich war Europa eine Sache von Demagogen, und Marx hielt diese Europäer für Narren. Marx war auch derjenige, der hundert Jahre lang den Diskurs der Demokraten als kleinbürgerlich diffamierte. Auch Harring war eines seiner Opfer. Aber das sind nur einige Aspekte. Ich habe noch nicht über Griechenland, die Schweiz, Brasilien, die USA, England oder Norwegen gesprochen, wo er auch Spuren hinterließ. Wie in Rio de Janeiro, wo er 1840 als Erster in Bildern von der Sklaverei berichtete.
 
Wie bekommt man die Fülle eines solchen Lebens erzählerisch in den Griff?
Heute werden ja gern historische Figuren in einen aktuellen Kontext gestellt. Julian Barnes hat das gerade mit dem Komponisten Schostakowitsch getan. Man pickt sich zwei oder drei Schlüsselszenen aus dem Leben heraus und erörtert, was einen an der Figur oder der Zeit interessiert. Ich habe mich mit Kommentaren und meinen Rechercheerlebnissen zurückgehalten und versucht, die Überfülle des Materials zu ordnen und gleichzeitig erzählerisch zugänglich zu machen. Historiker werden einwenden, ich könne doch gar nicht wissen, was Börne mit Harring in Hambach besprochen hat. Richtig, aber alles, was die beiden in dem Buch sagen, haben sie an anderer Stelle geschrieben oder ist überliefert. Und es bleibt noch genügend Platz, um sich ein eigenes Bild zu machen. Ich würde mich freuen, wenn die Leser dies für spannend erachten und dadurch zur weiteren Beschäftigung mit der Zeit und der Person angeregt werden. Es lohnt sich, zumal die damaligen Auseinandersetzungen erstaunlich aktuell sind.

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