Dr. phil. Christian Hardinghaus

Die Spionin der Charité

Roman

240 Seiten
gebunden mit Schutzumschlag
13,7 × 21,7 cm

08.02.2019


20,00 € (D) / 20,60 € (A) inkl. MwSt.
ISBN 978-3-95890-237-4

Die Geschichte mutiger Frauen und Männer im Widerstand gegen das NS-Regime
 
Bern, 20. Juli 1974: Die 56-jährige Lily Kolbe zerreißt wütend die Zeitung, die über die heute stattfindenden Gedenkfeiern zum gescheiterten Attentat auf Hitler vor 30 Jahren berichtet. Sie kann es kaum ertragen, dass an ihren Mann Fritz Kolbe und ihren ehemaligen Chef Ferdinand Sauerbruch nie erinnert worden ist. Die acht Mitglieder der bis heute unbekannten Widerstandsgruppe »Donnerstagsclub« hatten sich nach dem Krieg geschworen, alles geheim zu halten. Lily will das Schweigen jetzt brechen. Sie greift zum Telefon und ruft Eddie Bauer, einen Journalisten der New York Times, an: »Ich bin bereit zu reden. Kommen Sie in die Schweiz! Sofort!«
 
Die einstige Chefsekretärin Sauerbruchs erzählt Bauer von den stillen Helden der Charité, die sich 1941 dazu entschließen, Nazi-Patienten auszuspionieren und ihren Tod, wenn nötig, zu beschleunigen. Als Lily 1943 beauftragt wird, den Mitarbeiter des Außenministeriums Fritz Kolbe zu bespitzeln, verliebt sie sich und kann ihn für den Widerstand gewinnen. Eine Zeit geht alles gut, doch bald häufen sich Besuche der Gestapo in der Klinik. Gibt es einen Verräter innerhalb der Gruppe? Die Lage spitzt sich nach dem 20. Juli 1944 dramatisch zu. Der Chef des Sicherheitsdienstes Ernst Kaltenbrunner überwacht persönlich die Charité. Als er versteckte Juden aufspürt, droht der Club endgültig aufzufliegen ...
 
Journalist Bauer kann nicht fassen, welch brisante Informationen er bekommt. Bald jedoch interessieren sich auch andere dafür. Als Lily eine Wanze in ihrem Telefon entdeckt, kann sie selbst Bauer nicht mehr trauen.
 
 
• Ein Roman über Liebe, Menschlichkeit und wahren Mut in der Zeit des Nationalsozialismus
• Basierend auf der bisher unbekannten Geschichte der Widerstandsgruppe in der Charité
• Spannung garantiert: Spionage, Mord und Verrat an der Berliner Charité
 

»Der faszinierendste Arzt, mit dem ich mich je beschäftigt habe.«
Ein Gespräch mit Dr. Christian Hardinghaus
 
Wer war Ferdinand Sauerbruch?
Zunächst einmal war Ferdinand Sauerbruch einer der bedeutendsten Ärzte der jüngeren Geschichte. Ihm verdankt die moderne Medizin, dass Operationen am offenen Brustkorb möglich sind. Er rettete Millionen Menschen das Leben oder die Gliedmaßen. Daneben zählt der Chirurg aber auch zu den umstrittensten Ärzten des 20. Jahrhunderts und wird besonders für seine Position im Nationalsozialismus skeptisch betrachtet. Die Vorwürfe, die ihm vor allem seitens der Medien oft gemacht werden, reichen von Duldung über persönliche Bereicherung bis hin zur Unterstützung des NS-Regimes.
 
Was hat Sie bewogen, selbst eine Sauerbruch-Biografie zu schreiben?
Vor vier Jahren wurde Sauerbruch Thema in meiner medizingeschichtlichen Kolumne. Da es keine umfassende Biografie über ihn gab, machte ihn das für mich besonders geheimnisvoll. Sauerbruchs kurz vor seinem Tode 1952 von einem Ghostwriter geschriebene Autobiografie Das war mein Leben ist völlig unkritisch; das erklärt, warum sich bis heute so viele Mythen und Legenden über Sauerbruch halten. Als Historiker wollte ich unbedingt erfahren, was diesen Menschen zu einem Arzt der großen Gegensätze macht und wie es sein kann, dass man ihn als Nazi-Sympathisanten bezeichnet. Der Fokus meines Buches liegt demnach auf seinem Wirken im Nationalsozialismus, aber dafür musste ich ihn als Mensch auch in der Zeit davor und danach betrachten. So habe ich Sauerbruch sehr umfangreich studiert, analysiert und beschrieben und bin zu eindeutigen Ergebnissen gekommen, nämlich der Rehabilitierung des zu Unrecht als NS-Täter bezeichneten Mannes.
 
Dann kommt Ihr Buch zur richtigen Zeit?
Absolut. Nicht nur wegen der Verunglimpfung seines Namens. In diesem Jahr wird außerdem die zweite Staffel der Erfolgsserie Charité in der ARD gezeigt. Ferdinand Sauerbruch spielt hier die Hauptrolle. Die beiden Drehbuchautorinnen haben zeitgleich mit mir recherchiert und sind auf dieselben bisher nicht beachteten Quellen gestoßen. Auch in der Serie wird Sauerbruch viel differenzierter dargestellt. Deswegen können mein Buch und die Serie einander gut ergänzen.
 
Auf welche neuen Quellen sind Sie denn gestoßen?
Die wichtigste bislang unentdeckte Quelle ist das Tagebuch des engsten Sauerbruch-Assistenten zwischen 1942 und 1945: Adolphe Jung, ein zwangsverpflichteter Arzt aus dem Elsass, der in Berlin bald den Kontakt zum Widerstand gesucht und sich gemeinsam mit Fritz Kolbe gegen die Nazis aufgelehnt hat. Frank Jung, der Sohn Adolphe Jungs, hat mir das Tagebuch für meine Recherchen überlassen: Sauerbruch wird hier beschrieben als ein Mann, der Hitler zutiefst verabscheute, der bis Kriegsende Juden in seiner Klinik versteckte und der Menschen, die von der Gestapo gesucht wurden, zur Flucht verholfen hat. In der oppositionellen Mittwochsgesellschaft hatte Sauerbruch einen stärkeren Einfluss als bisher angenommen. Er wusste um das Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 und deckte die Verschwörer rund um Stauffenberg.
 
Was fasziniert Sie am meisten an Sauerbruch?
Am meisten beeindruckt mich, dass er alles für seine Patienten gab, nie jemanden im Stich ließ. Während viele Kollegen in den letzten Kriegswochen aus Berlin flohen, zog er mit seinem Team in die Keller der schon zerstörten Charité und operierte im Bombenhagel und unter unmenschlichen Bedingungen noch fast 3000 Schwerverletzte: deutsche und russische Soldaten, Zivilisten, Kinder, die durch Bomben oder Granaten verletzt worden waren.
 
Mit »Die Spionin der Charité« bringen Sie auch einen neuen Roman. Wer ist diese Spionin?
Lily Kolbe, wie sie in meinem Buch heißt, basiert auf der real existierenden Person Maria Fritsch, die während des Zweiten Weltkriegs Chefsekretärin Sauerbruchs und gleichzeitig die Verlobte und später die Ehefrau des Spions Fritz Kolbe war. Sie lebte und arbeitete in der Charité und gehörte auch zu einer dort operierenden Verschwörergruppe. Im Roman ist sie die Erzählerin einer dramatischen Spionagegeschichte.
 
Was unterscheidet Roman und Biografie?
Ich bin Historiker, aber auch Schriftsteller. Meine Leidenschaft sind spannungsgeladene historisch-zeitgeschichtliche Romane. Beides lässt sich sehr gut miteinander vereinbaren. Im vergangenen Jahr habe ich ein Sachbuch über die wahre Geschichte des Frontarztes Helmut Machemer herausgegeben, der in den Krieg zog, um seine »halbjüdische« Frau zu retten, und anschließend dazu den Roman Ein Held dunkler Zeit verfasst. Mich reizen unterschiedliche Genres. In einem Sachbuch oder in einer Biografie müssen alle Fakten stimmen; sie sind auf sich selbst beschränkt und können allein niemals die Wirklichkeit abbilden. Hier kommt der historische Roman ins Spiel, der auf überlieferten Fakten basiert, jedoch kann der Autor die dazwischenliegenden Lücken interpretieren und fiktional schließen.


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